Mittwoch, 24. Juni 2009
"Zwischen Liebe und Zorn"- Eine Inspiration
prinzessin ulli, 19:50h
Man lässt diese scheibar alten Klänge an sein Ohr und fühlt noch immer, dass sie von einem selbst singen. Es ist unser Leben. Mein Leben. Zwischen Liebe und Zorn.
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Träumerei
prinzessin ulli, 03:12h

Wie oft denkt man, es ginge nicht mehr vorwärts, der Himmel käme näher und die Sinnlosigkeit des Seiens erklimmt den Horizont der Motivation.
Denk' an diese Stadt und öffne dein Herz!
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Dienstag, 23. Juni 2009
"Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen"
prinzessin ulli, 06:37h
Nein, es ist kein Traum. Karl, Rosa, Marx und Lenin, sie sind wieder vereint. Diesmal nicht ideologisch, sondern in einer perfekt erzeugten medialen Illusion: Diesmal fahren sie Auto.
Schamlos werden die roten Idole für die ausbeutendenden Zwecke der kapitalistischen Autoindustrie instrumentalisiert. Hätten sie das gewusst, im Grabe würden sie sich umdrehen!
Und doch: Die Jugend jubelt. Sie jubeln den verblassten Ikonen der Vergangenheit zu, ohne sie verstehen. Sie jubeln um des Jubelns Willens. Geistige Rebellion scheint out zu sein, mediale Behauptung in „Ich kann Kanzler“ in. „Ich kann Kanzler“. Hallo? Gibt es für die Jugend wohl einen noch konservativeren Weg, als ohne zu reflektieren in ausgelatschte Regierungsfußstapfen zu treten? Schmierige Milchbubis statt sympathischer Querdenker. Sie sollten voller Ideale sein, unangepasst, laut und unbequem. Die Anklägergeneration vergangener Tage ist alt geworden. Wo ist die neue? Haben sie nichts mehr zu sagen? Sind die Konsumköpfe voll? Es reicht nicht, einschlägige T-Shirts zu tragen, sich drei Wochen weder zu waschen noch zu kämmen, um ein Revoluzzer zu sein, um etwas zu sagen zu haben. Zwischen Liebe und Zorn sollten sie sich bewegen. Zauberer neuer Ideen. Doch unter dem Deckmantel der angeblich genutzten neuen Freiheit ihrer Generation versteckt sich ein gepflegtes Langweilertum. Sinnbild dieses „rebellierenden Konservatismus“ ist sein wichtigster Vertreter, das Idol der Zukunft dieses Landes: Helmut Schmidt, 90. Soviel zum Thema Zukunft. Scheinbar ständig unangepasst durch permanentes Erzeugen von Zigarettenqualm, geht es anhand von Einstellungen kaum konservativer. Jugend mach’ die Augen auf! Mit Losungen wie „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“, wird euch dieser Führer nicht zu Veränderungen führen! Wo sind die Rosas, Karls, Ches und Salvadors von heute? Zwischen Liebe und Zorn Freunde, wie soll es sonst zugehen in der Welt?
Traut euch heraus aus euren überfüllten Hörsälen, den Zeitarbeitsverträgen und den Zweckbeziehungen und versucht glücklich zu werden! Zwischen Liebe und Zorn verdammt, mit Visionen und Idolen!
Und schließlich trottet, als „Quasiergebnis“, Tucholskys älterer, aber leicht besoffener Herr über die Trümmerfelder der Stätten einstiger jugendlicher Revolutionsbestrebungen, hustend durch das Inhalieren von Schmidts Zigarettenqualm und murmelnd. „…Wahrscheinlich werd ick diese Partei wähln, denn dit is so ein beruhijendet Jefühl: Man tut wat for de Revolution und weeß janz jenau, mit diese Partei kommt se janz bestimmt nich!"
Schamlos werden die roten Idole für die ausbeutendenden Zwecke der kapitalistischen Autoindustrie instrumentalisiert. Hätten sie das gewusst, im Grabe würden sie sich umdrehen!
Und doch: Die Jugend jubelt. Sie jubeln den verblassten Ikonen der Vergangenheit zu, ohne sie verstehen. Sie jubeln um des Jubelns Willens. Geistige Rebellion scheint out zu sein, mediale Behauptung in „Ich kann Kanzler“ in. „Ich kann Kanzler“. Hallo? Gibt es für die Jugend wohl einen noch konservativeren Weg, als ohne zu reflektieren in ausgelatschte Regierungsfußstapfen zu treten? Schmierige Milchbubis statt sympathischer Querdenker. Sie sollten voller Ideale sein, unangepasst, laut und unbequem. Die Anklägergeneration vergangener Tage ist alt geworden. Wo ist die neue? Haben sie nichts mehr zu sagen? Sind die Konsumköpfe voll? Es reicht nicht, einschlägige T-Shirts zu tragen, sich drei Wochen weder zu waschen noch zu kämmen, um ein Revoluzzer zu sein, um etwas zu sagen zu haben. Zwischen Liebe und Zorn sollten sie sich bewegen. Zauberer neuer Ideen. Doch unter dem Deckmantel der angeblich genutzten neuen Freiheit ihrer Generation versteckt sich ein gepflegtes Langweilertum. Sinnbild dieses „rebellierenden Konservatismus“ ist sein wichtigster Vertreter, das Idol der Zukunft dieses Landes: Helmut Schmidt, 90. Soviel zum Thema Zukunft. Scheinbar ständig unangepasst durch permanentes Erzeugen von Zigarettenqualm, geht es anhand von Einstellungen kaum konservativer. Jugend mach’ die Augen auf! Mit Losungen wie „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“, wird euch dieser Führer nicht zu Veränderungen führen! Wo sind die Rosas, Karls, Ches und Salvadors von heute? Zwischen Liebe und Zorn Freunde, wie soll es sonst zugehen in der Welt?
Traut euch heraus aus euren überfüllten Hörsälen, den Zeitarbeitsverträgen und den Zweckbeziehungen und versucht glücklich zu werden! Zwischen Liebe und Zorn verdammt, mit Visionen und Idolen!
Und schließlich trottet, als „Quasiergebnis“, Tucholskys älterer, aber leicht besoffener Herr über die Trümmerfelder der Stätten einstiger jugendlicher Revolutionsbestrebungen, hustend durch das Inhalieren von Schmidts Zigarettenqualm und murmelnd. „…Wahrscheinlich werd ick diese Partei wähln, denn dit is so ein beruhijendet Jefühl: Man tut wat for de Revolution und weeß janz jenau, mit diese Partei kommt se janz bestimmt nich!"
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Montag, 26. Januar 2009
Und, was geht bei dir so ab?
prinzessin ulli, 02:46h
Und, was geht bei dir so ab?
Ja, läuft?
Ich behaupte „Ja, läuft“ ist die oberflächlichste und unehrlichste Antwort der Welt. Reicht es nicht, dass wir uns in diesem unendlichen Kosmos kaum mehr Zeit für schöne Dinge nehmen? Müssen wir uns auch noch das Wertvollste nehmen, die Zwischenmenschlichkeit und das Interesse für das Gegenüber? Ohne Zweifel hat der Prozess längst eingesetzt und heraus kommen solch galante Floskeln wie: „Läuft!“ Bei Licht betrachtet hat „Läuft!“ wirklich gute Chancen zu einem der witzigsten Wörter unserer Sprache zu werden, denn bereits jetzt ziert es die reinste Polemik. Was läuft, oder wer? Aber die Frage ist doch wie? In dieser Unpräzisität kann man sich so wunderbar verstecken. Doch tun dies alle Menschen, oder stellen wir die Frage übers laufen nur, damit sofort angezeigt wir, man solle einem nicht zu nahe kommen? Man solle nicht eindringen? Schlichtweg: Du interessiertst mich nicht und es strengt an, mit dir zu reden, denn sonst müsste auch ich mich öffnen?
„Wie geht’s? Was macht die Liebe?“
(Ich bin allein ….. einsam … einfach total verlassen und fühle dementsprechend.)
„Ja, läuft!“
„Hey Mensch, wie geht’s dir? Und in der Uni?“
(Ich komme gerade von einer an die Wand gesetzten Klausur und mich plagen Zukunftsängste.)
„Super. Läuft.“
Ach Gott, wie geht’s dir? Tanzt du immer noch?
(Mein Arzt hat mir soeben aufgrund meines kaputten Knies eine weitere sportfreie Woche verordnet)
„Ja klar. Läuft!“
Doch wer will die Wahrheit schon hören? Wer nimmt sich die Zeit zuzuhören. Wir alle tragen unser Lebensbuch mit uns herum und sind es gewillt zu füllen. Aber bitte nicht mit dem Leid andrer. Und wenn doch gelangt man zu meinem Fleck. Ich stehe auf ihm, klebe gar fest, denn nicht nur mein eigenes Lebensbuch trage ich, sondern auch so viele einzelne Seiten von den liebenswerten Menschen um mich herum. Nur mein Buch bleibt ganz. Das Leder ist zu schwer, um es zu öffnen. „Mensch Ulli, wie geht’s?“ – „Läuft!“
Ja, läuft?
Ich behaupte „Ja, läuft“ ist die oberflächlichste und unehrlichste Antwort der Welt. Reicht es nicht, dass wir uns in diesem unendlichen Kosmos kaum mehr Zeit für schöne Dinge nehmen? Müssen wir uns auch noch das Wertvollste nehmen, die Zwischenmenschlichkeit und das Interesse für das Gegenüber? Ohne Zweifel hat der Prozess längst eingesetzt und heraus kommen solch galante Floskeln wie: „Läuft!“ Bei Licht betrachtet hat „Läuft!“ wirklich gute Chancen zu einem der witzigsten Wörter unserer Sprache zu werden, denn bereits jetzt ziert es die reinste Polemik. Was läuft, oder wer? Aber die Frage ist doch wie? In dieser Unpräzisität kann man sich so wunderbar verstecken. Doch tun dies alle Menschen, oder stellen wir die Frage übers laufen nur, damit sofort angezeigt wir, man solle einem nicht zu nahe kommen? Man solle nicht eindringen? Schlichtweg: Du interessiertst mich nicht und es strengt an, mit dir zu reden, denn sonst müsste auch ich mich öffnen?
„Wie geht’s? Was macht die Liebe?“
(Ich bin allein ….. einsam … einfach total verlassen und fühle dementsprechend.)
„Ja, läuft!“
„Hey Mensch, wie geht’s dir? Und in der Uni?“
(Ich komme gerade von einer an die Wand gesetzten Klausur und mich plagen Zukunftsängste.)
„Super. Läuft.“
Ach Gott, wie geht’s dir? Tanzt du immer noch?
(Mein Arzt hat mir soeben aufgrund meines kaputten Knies eine weitere sportfreie Woche verordnet)
„Ja klar. Läuft!“
Doch wer will die Wahrheit schon hören? Wer nimmt sich die Zeit zuzuhören. Wir alle tragen unser Lebensbuch mit uns herum und sind es gewillt zu füllen. Aber bitte nicht mit dem Leid andrer. Und wenn doch gelangt man zu meinem Fleck. Ich stehe auf ihm, klebe gar fest, denn nicht nur mein eigenes Lebensbuch trage ich, sondern auch so viele einzelne Seiten von den liebenswerten Menschen um mich herum. Nur mein Buch bleibt ganz. Das Leder ist zu schwer, um es zu öffnen. „Mensch Ulli, wie geht’s?“ – „Läuft!“
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What would Rory do?
prinzessin ulli, 02:21h
Von mediengeprägten Studenten und der Assimilation von Fernsehcharakteren
Utopia der Sehnsüchte. Dies klingt wie der Name eines verwunschenen Landes. Nicht real genug um zu bestehen und doch so authentisch, dass sich dorthin mit seinen Wünschen und Träumen zurückgezogen werden kann. Was sich sehr pathetisch anhört, ist ein Phänomen, das sich breit macht in den studentischen Wohnzimmern. Unter dem Deckmantel von DVD - Abenden und dem gemeinsamen Ansehen beliebter Serien im TV wird Einfluss genommen auf die Lebensentwürfe und Charakterzüge von selbstbewussten Studenten.
Da sitzen Vier, die sonst mit beiden Beinen fest im Leben stehen. Sie studieren Jura, Germanistik, Theologie oder BWL, sind strebsam und im Begriff die Welt für sich zu erobern. Junge Menschen, die vor Selbstbewusstsein strotzen. Aus jedem Winkel ihrer Gesichter scheint pure Lebensfreude, die Augen glitzern durch die Anziehungskraft der ihnen bevorstehenden Zukunft.
Heute stehen sie nicht auf ihren Beinen. In bequemer Stellung sitzen, liegen, hocken sie gemeinsam im Wohnzimmer. Ein Meer von Kissen und Kuscheldecken auf dem Sofa bilden das Heim für den heutigen Abend. Der Fernseher läuft und taucht den Raum in ein aufgeregtes Licht, dass sich in den Glasscheiben des Fensters reflektiert. Immer wieder ertönt schallendes Gelächter, Proseccokorken knallen und der Geruch von erwärmter Tiefkühlpizza liegt in der Luft. Vier Rostocker Freunde haben sich zusammengesellt und erwarten mit Spannung die neue Folge der „Gilmore Girls“. Schnell wird noch einmal die letzte Sendung in Erinnerung gerufen. Was war noch gleich passiert? Wie haben sich die Protagonisten warum verhalten? Was hält man davon, und vor allem: Was hätte man an ihrer Stelle anders oder genauso gemacht? Noch eine halbe Stunde, dann ist Primetime.
Soweit hat es die einstige Nachmittagsserie bereits gebracht. Den begehrtesten Sendeplatz des Tages vermögen die Geschichten um dieses außergewöhnliche Mutter – Tochter – Gespann erfolgreich zu füllen, und das mit steigender Tendenz.
Der Zeiger der Wanduhr zuckt und es geht los: It’s showtime! Die Sendung beginnt und die Titelmelodie ertönt. Traditionsgemäß wird aus den Studenten plötzlich ein singendes Quartett - Der Introtext muss schon sitzen – dann ist Stille und gebannt wird die Handlung verfolgt. Von Zeit zu Zeit ist ein Lachen zu hören, manchmal einzelne Phrasen a la „Wie geil ist das denn bitte?“. Zehn Minuten Unterhaltung. Niemand scheint nachzudenken, man gibt sich den Charakteren und den Handlungsorten hin und genießt.
Werbepause.
Sarah ist 23 Jahre alt und studiert BWL. „Ich möchte später mal ins Ausland gehen und in die Kultur vieler Länder Einblicke erhalten“, erzählt sie. Schon als Teenager war Sarah ein Fan von Seifenopern. Das Sehen von „GZSZ“ war zu Schulzeiten ein Muss. Irgendwann kamen dann „Friends“ dazu und die Nachmittagsserien auf „VOX“. „Die Serien zeigen eine Welt auf, in der auch nicht alles schön ist, und doch gibt es dort für jedes Problem eine Lösung.“, begründet Sarah ihr Interesse an den Sendungen. „Man kann sich in die Handlung fallen lassen ohne die Existenzängste der Realität, denn egal wie sehr man mit den Charakteren mitfiebert, so weiß man doch, dass am Ende alles gut wird. Manchmal kann man sogar Lösungen für eigene Probleme ableiten.“ Sarah scheint ihre eigene Welt zu ergänzen. „Solange das Vorteile für mich und mein Leben bringt, ist das doch vollkommen ok!“ Einen bevorzugten Protagonisten hat sie nicht. Sicher mag sie Lorelai aus den „Gilmore Girls“ und sie entdecke Ähnlichkeiten zu Carry aus „King of Queens“, doch in erster Linie sei sie Sarah.
Das nächste Viertel der Sendung hat begonnen. Andächtig schauen die vier Freunde auf die Mattscheibe. Keine frühere Generation ist so von den Medien geprägt wie die der heutigen Studenten. Der Fernseher nimmt einen zentralen Platz im Leben ein und die Vielfalt der Sendungen ist beeindruckend. Besonders im Bereich der Unterhaltungsserien wird dem Rezipienten ein internationales Angebot mit einer unglaublichen Fülle an Thematiken aufgezeigt. Sie avancieren zu kulturellen Foren und tragen, wie am Beispiel Sarahs zu sehen, zum sinnhaften Aufbau der Welt des Zuschauers bei, geben Sicherheiten und unterstützen in eigenen Entscheidungen.
Werbung.
Schnell bewegen sich Beine in Richtung der Toilette, denn während der Sendung ist das Tabu. Da wird sich nur zum Auffüllen der Proseccogläser bewegt. Peter, der Hahn im Korb, verzichtet auf den Gang zur Toilette. Als Mann sei es ungewohnt, von den „Gilmore Girls“ begeistert zu sein, doch er stehe dazu, sinniert er. Außerdem hätte man kaum eine andere Chance, wenn die Freundin Gilmorefanatikerin sei. Der 23 – jährige ist Student der Rechtswissenschaften, fast fertig, das Examen folgt im Sommer. „Das Schöne ist“, sagt er, „dass es für jeden einen Charakter gibt, mit dem er sich identifizieren kann.“ Da könne man dann schauen, wie sich diese Person in gewissen Lebenslagen verhält und was sie tut um so zu sein, wie sie ist. „Jeder Mensch braucht Vorbilder“, fügt er an, „und da reelle Vorbilder in unserer Gesellschaft nicht mehr vorhanden sind, müssen wir zu den Utopien greifen.“ Peter erinnert sich an die Zeit vor seinem Studium: „Da habe ich sehr gerne „Für alle Fälle Amy“ gesehen und wollte immer so sein, wie der Rechtsgehilfe der Richterin. Heute bin ich besser als er.“ Haben die irrealen Vorbilder also doch einen Wert?
Die Werbung endet. Lorelai und Rory setzten die Reise durch ihr Leben fort und nehmen ihre Zuschauer mit. Die Hauptcharaktere der einschlägigen Sendungen sind starke Persönlichkeiten und spiegeln den Idealtypus wieder. Manchmal körperlich, manchmal geistig, manchmal beruflich. Meistens alles gemeinsam. Da scheint es nur natürlich, dass formbare Menschen beginnen nach diesem Idealtypus zu streben und sich identifizieren. Schon Freud benannte den Prozess der Identifikation einst als Vorgang bei dem gewisse Attribute assimiliert werden und man sich dem Vorbild entsprechend versucht teilweise oder vollständig umzuwandeln. Doch reicht die Identifikation bis zur Aufgabe der eigenen Persönlichkeit?
Wieder Werbung.
Eine neue Flasche muss her. Ganz Gentleman steht Peter auf und geht in die Küche. Julia räkelt sich derweil auf dem Sofa. Auch sie ist 23 Jahre alt, auch sie ist Studentin. „Ich weiß gar nicht, was die Menschen ohne Fernseher machen. Die verpassen doch das halbe Leben.“
Sie meint das erfundene Leben, dass auf dem Kanal präsentiert wird. „Dessen bin ich mir bewusst, dass es nicht wahr ist“, führt sie fort, „und doch bietet es mir ein Heim, in das ich mich zurückziehen kann. Manchmal, wenn ich abends unterwegs bin, so toll es auch sein mag, dann freue ich mich schon, bald nach Hause zu gehen, die DVD einzulegen und in meine eigene Welt zu schlüpfen.“ Julia muss dabei selbst lachen. Ihr eigenes Leben sei so aufregend und voll von Schönem, aber auch komplizierten Dingen, dass es entspannend sei, sich in eine Welt zu träumen, in der man keine Verantwortung hat und doch Mitglied einer Gemeinschaft sei. Wenn man sich Julias Art zu gestikulieren und sich zu artikulieren bewusst vor Augen führt, entdeckt man gewisse Parallelen. „Ja ich bin irgendwie schon wie Lorelai aus den „Gilmore Girls“. Ich rede so wie sie, denke in vielen Dingen so wie sie und habe ähnliche Probleme. Nur sie hat immer die hübscheren Männer.“, sagt Julia und verzieht dabei ein wenig das Gesicht. Ein Vorbild sei Lorelai nicht und sie strebe ihr auch nicht nach. Nur seien die Parallelen eben da und ließen sich nicht verleugnen. „Und es ist echt lustig sich selbst anstelle von Lorelai in die Sendung zu träumen.“
Es geht weiter. Endspurt am heutigen Abend, das letzte Segment läuft. Nun noch einmal volle Konzentration, damit man nicht die lustigste Szene des Abends verpasst. Die Liebe der Zuschauer zu ihren Serien ist unbeschreiblich. Auf einschlägigen Studentenportalen im Internet gibt es hunderte Gruppen die sich mit den Sendungen und ihren Protagonisten beschäftigen. Hunderte Gruppen – Tausende Begeisterte, und alle tauschen sich aus. Anhand dessen wird deutlich, wie sehr die Verbundenheit vieler reicht, und wie sie durch das Fernsehen beeinflusst sind.
An Gruppen wie „Seitdem ich Gilmore Girls schaue, trinke ich zuviel Kaffee“, „Gilmore Girls, und die Welt ist wieder in Ordnung“, Sind wir nicht alle ein bissel Lorelai“ oder Rory Gilmore sollte mein Vorbild sein“, sieht man, dass die vier Rostocker Studenten keine Einzelfälle sind, sondern nur Vertreter einer großen Masse. Sie alle überprüfen Bewältigungsmechanismen aus den Serien auf ihre Alltagstauglichkeit, basteln Bedeutungen und messen die Protagonisten an der eigenen Lebenswelt. Ist da noch Platz für die eigene Entfaltung?
Ende. Und doch wieder Werbung, bevor die Vorschau auf die nächste Folge kommt.
Die Freunde begeben sich in die Auswertung des soeben Gesehenen. Verarbeiten, und die eigenen Schlüsse aus der Sendung ziehen wird wohl jeder erst später allein für sich zuhause.
Katrinchen lacht über ihre Lieblingsszene der vergangenen Stunde. Schön war es! „Ich habe die „Gilmore Girls“ früher gehasst“, erzählt sie. „Aber früher oder später kommt da niemand drum herum. Die 22 – jährige Lehramtsstudentin schaltet den Ton leiser. „Ich finde aber eigentlich alle Familiensendungen toll, die auf dem Sender laufen. Jede hat ihren eigenen Charme.“ Nun zeigt Katrinchen auf ihre DVD – Sammlung. „Ich habe mir viele Staffeln auch für zuhause angeschafft, zumal ich sie so auch auf Englisch schauen kann. Das hat auch seinen Reiz!“ Was genau das Faszinierende ist, versucht sie zu erklären. „ich mag die witzigen Dialoge und den Humor, denn der ist meinem eigenen oft sehr ähnlich“, beginnt sie. „Außerdem stehe ich total auf die schrägen Nebencharaktere, die es in fast jeder amerikanischen Sendung gibt.“ Einen Lieblingscharakter habe sie auch, fügt sie an. Es wäre Rory aus den „Gilmore Girls“. „Sie ist zwar manchmal zickig, darauf stehe ich auch nicht so, aber sie ist mir ein Vorbild in ihrer Einstellung zum Lernen. Sie erreicht ihre Ziele durch Arbeit, und das finde ich toll und möchte auch so sein.“ Katrinchen gesteht, dass sie sogar mehr Bücher lese, so wie es Rory auch tut, und dass sie einige Bücher nur deshalb gelesen hätte, weil Rory dies in der Serie auch tat.
Der Zeiger der Uhr tickt noch immer. Nun hält er auf die Geisterstunde zu. Noch ein kurzes Aufräumen, dann gehen sie heim und schlafen in den frischen Tag hinein.
Alle vier sind in behüteten Familien aufgewachsen, alle haben eine große berufliche Zukunft vor sich. Sie sind intelligent, haben viele Freunde und müssen ihre Gesichter vor dem Spiegel nicht verstecken. Woher also kommt das Verlangen der Realität zu entfliehen und Ähnlichkeiten zwischen erfundenen Charakteren und sich zu suchen, bzw. herbeizuführen?
Auch die Wissenschaft hat darauf keine allgemeingültige Antwort. Vielleicht ist es ein Zeichen dieser Zeit, vielleicht die Reaktion auf eine Gesellschaft, in der selbst die Besten Angst vor dem Versagen haben. Vielleicht sind es aber auch Tagträume von Idealisten, ein Ventil, an welchem man sich seiner Anspannung entledigen kann, im Grunde aber ohne negative Züge, solange man sich nicht im Utopia verliert.
Szenenwechsel. Der nächste Tag hat längst begonnen, die ersten Lehrveranstaltungen wurden bereits erfolgreich besucht. Die Freunde treffen sich zu Kaffee und Tee in einem kleinen Cafe in der Innenstadt. Kurz wird der Tag ausgewertet, kurz wird der letzte Abend rekapituliert. „Oh Gott, wir sind wie „Friends,“ bemerkt Sarah, „die müssen auch immer ohne Gnade alles auswerten!“ Recht hat sie, doch ist ein ständiger Vergleich mit Irrealitäten sinnvoll? Die Frage ist doch, ob die vier Studenten sich wie die „Friends“ verhalten, oder ob jene Fernsehfiguren nicht Menschen wie ihnen nachempfunden sind, sprich die Protagonisten in ihren Handlungen, Charakteren und Empfindungen aus dem echten Leben gegriffen sind. Der normale Mensch als Medienstar – Vielleicht das große Geheimnis des Erfolgs der Vorabendserien. Sie lachen, sie weinen, lieben, hassen, freuen sich, haben Angst. Unbemerkt vereinen die vier Freunde alle großen Gefühle in sich, die auch ihre medialen Wahlverwandten präsentieren. Merken sie, dass es ihr eigenes Leben ist, welches diese großen Gefühle hervorruft, dass sie selbst Träger von unendlichen Geschichten des Lebens sind und die eigenen oftmals viel spannender sind, als die im Fernsehen präsentierten? Sicher merken sie es. Sie wissen es und mit Blick auf die große Zukunft, die sie planen, genießen sie es gar. Und doch lebt es sich für die Freunde einfacher mit dem Wissen, dass man die Möglichkeit hat nach Hause zu kommen, zur DVD zu greifen und für einige Minuten der realen Welt zu entschwinden. „Wir sind harmoniebedürftig“, meint Katrinchen, „uns erschüttert nur noch die Wirklichkeit!“
Utopia der Sehnsüchte. Dies klingt wie der Name eines verwunschenen Landes. Nicht real genug um zu bestehen und doch so authentisch, dass sich dorthin mit seinen Wünschen und Träumen zurückgezogen werden kann. Was sich sehr pathetisch anhört, ist ein Phänomen, das sich breit macht in den studentischen Wohnzimmern. Unter dem Deckmantel von DVD - Abenden und dem gemeinsamen Ansehen beliebter Serien im TV wird Einfluss genommen auf die Lebensentwürfe und Charakterzüge von selbstbewussten Studenten.
Da sitzen Vier, die sonst mit beiden Beinen fest im Leben stehen. Sie studieren Jura, Germanistik, Theologie oder BWL, sind strebsam und im Begriff die Welt für sich zu erobern. Junge Menschen, die vor Selbstbewusstsein strotzen. Aus jedem Winkel ihrer Gesichter scheint pure Lebensfreude, die Augen glitzern durch die Anziehungskraft der ihnen bevorstehenden Zukunft.
Heute stehen sie nicht auf ihren Beinen. In bequemer Stellung sitzen, liegen, hocken sie gemeinsam im Wohnzimmer. Ein Meer von Kissen und Kuscheldecken auf dem Sofa bilden das Heim für den heutigen Abend. Der Fernseher läuft und taucht den Raum in ein aufgeregtes Licht, dass sich in den Glasscheiben des Fensters reflektiert. Immer wieder ertönt schallendes Gelächter, Proseccokorken knallen und der Geruch von erwärmter Tiefkühlpizza liegt in der Luft. Vier Rostocker Freunde haben sich zusammengesellt und erwarten mit Spannung die neue Folge der „Gilmore Girls“. Schnell wird noch einmal die letzte Sendung in Erinnerung gerufen. Was war noch gleich passiert? Wie haben sich die Protagonisten warum verhalten? Was hält man davon, und vor allem: Was hätte man an ihrer Stelle anders oder genauso gemacht? Noch eine halbe Stunde, dann ist Primetime.
Soweit hat es die einstige Nachmittagsserie bereits gebracht. Den begehrtesten Sendeplatz des Tages vermögen die Geschichten um dieses außergewöhnliche Mutter – Tochter – Gespann erfolgreich zu füllen, und das mit steigender Tendenz.
Der Zeiger der Wanduhr zuckt und es geht los: It’s showtime! Die Sendung beginnt und die Titelmelodie ertönt. Traditionsgemäß wird aus den Studenten plötzlich ein singendes Quartett - Der Introtext muss schon sitzen – dann ist Stille und gebannt wird die Handlung verfolgt. Von Zeit zu Zeit ist ein Lachen zu hören, manchmal einzelne Phrasen a la „Wie geil ist das denn bitte?“. Zehn Minuten Unterhaltung. Niemand scheint nachzudenken, man gibt sich den Charakteren und den Handlungsorten hin und genießt.
Werbepause.
Sarah ist 23 Jahre alt und studiert BWL. „Ich möchte später mal ins Ausland gehen und in die Kultur vieler Länder Einblicke erhalten“, erzählt sie. Schon als Teenager war Sarah ein Fan von Seifenopern. Das Sehen von „GZSZ“ war zu Schulzeiten ein Muss. Irgendwann kamen dann „Friends“ dazu und die Nachmittagsserien auf „VOX“. „Die Serien zeigen eine Welt auf, in der auch nicht alles schön ist, und doch gibt es dort für jedes Problem eine Lösung.“, begründet Sarah ihr Interesse an den Sendungen. „Man kann sich in die Handlung fallen lassen ohne die Existenzängste der Realität, denn egal wie sehr man mit den Charakteren mitfiebert, so weiß man doch, dass am Ende alles gut wird. Manchmal kann man sogar Lösungen für eigene Probleme ableiten.“ Sarah scheint ihre eigene Welt zu ergänzen. „Solange das Vorteile für mich und mein Leben bringt, ist das doch vollkommen ok!“ Einen bevorzugten Protagonisten hat sie nicht. Sicher mag sie Lorelai aus den „Gilmore Girls“ und sie entdecke Ähnlichkeiten zu Carry aus „King of Queens“, doch in erster Linie sei sie Sarah.
Das nächste Viertel der Sendung hat begonnen. Andächtig schauen die vier Freunde auf die Mattscheibe. Keine frühere Generation ist so von den Medien geprägt wie die der heutigen Studenten. Der Fernseher nimmt einen zentralen Platz im Leben ein und die Vielfalt der Sendungen ist beeindruckend. Besonders im Bereich der Unterhaltungsserien wird dem Rezipienten ein internationales Angebot mit einer unglaublichen Fülle an Thematiken aufgezeigt. Sie avancieren zu kulturellen Foren und tragen, wie am Beispiel Sarahs zu sehen, zum sinnhaften Aufbau der Welt des Zuschauers bei, geben Sicherheiten und unterstützen in eigenen Entscheidungen.
Werbung.
Schnell bewegen sich Beine in Richtung der Toilette, denn während der Sendung ist das Tabu. Da wird sich nur zum Auffüllen der Proseccogläser bewegt. Peter, der Hahn im Korb, verzichtet auf den Gang zur Toilette. Als Mann sei es ungewohnt, von den „Gilmore Girls“ begeistert zu sein, doch er stehe dazu, sinniert er. Außerdem hätte man kaum eine andere Chance, wenn die Freundin Gilmorefanatikerin sei. Der 23 – jährige ist Student der Rechtswissenschaften, fast fertig, das Examen folgt im Sommer. „Das Schöne ist“, sagt er, „dass es für jeden einen Charakter gibt, mit dem er sich identifizieren kann.“ Da könne man dann schauen, wie sich diese Person in gewissen Lebenslagen verhält und was sie tut um so zu sein, wie sie ist. „Jeder Mensch braucht Vorbilder“, fügt er an, „und da reelle Vorbilder in unserer Gesellschaft nicht mehr vorhanden sind, müssen wir zu den Utopien greifen.“ Peter erinnert sich an die Zeit vor seinem Studium: „Da habe ich sehr gerne „Für alle Fälle Amy“ gesehen und wollte immer so sein, wie der Rechtsgehilfe der Richterin. Heute bin ich besser als er.“ Haben die irrealen Vorbilder also doch einen Wert?
Die Werbung endet. Lorelai und Rory setzten die Reise durch ihr Leben fort und nehmen ihre Zuschauer mit. Die Hauptcharaktere der einschlägigen Sendungen sind starke Persönlichkeiten und spiegeln den Idealtypus wieder. Manchmal körperlich, manchmal geistig, manchmal beruflich. Meistens alles gemeinsam. Da scheint es nur natürlich, dass formbare Menschen beginnen nach diesem Idealtypus zu streben und sich identifizieren. Schon Freud benannte den Prozess der Identifikation einst als Vorgang bei dem gewisse Attribute assimiliert werden und man sich dem Vorbild entsprechend versucht teilweise oder vollständig umzuwandeln. Doch reicht die Identifikation bis zur Aufgabe der eigenen Persönlichkeit?
Wieder Werbung.
Eine neue Flasche muss her. Ganz Gentleman steht Peter auf und geht in die Küche. Julia räkelt sich derweil auf dem Sofa. Auch sie ist 23 Jahre alt, auch sie ist Studentin. „Ich weiß gar nicht, was die Menschen ohne Fernseher machen. Die verpassen doch das halbe Leben.“
Sie meint das erfundene Leben, dass auf dem Kanal präsentiert wird. „Dessen bin ich mir bewusst, dass es nicht wahr ist“, führt sie fort, „und doch bietet es mir ein Heim, in das ich mich zurückziehen kann. Manchmal, wenn ich abends unterwegs bin, so toll es auch sein mag, dann freue ich mich schon, bald nach Hause zu gehen, die DVD einzulegen und in meine eigene Welt zu schlüpfen.“ Julia muss dabei selbst lachen. Ihr eigenes Leben sei so aufregend und voll von Schönem, aber auch komplizierten Dingen, dass es entspannend sei, sich in eine Welt zu träumen, in der man keine Verantwortung hat und doch Mitglied einer Gemeinschaft sei. Wenn man sich Julias Art zu gestikulieren und sich zu artikulieren bewusst vor Augen führt, entdeckt man gewisse Parallelen. „Ja ich bin irgendwie schon wie Lorelai aus den „Gilmore Girls“. Ich rede so wie sie, denke in vielen Dingen so wie sie und habe ähnliche Probleme. Nur sie hat immer die hübscheren Männer.“, sagt Julia und verzieht dabei ein wenig das Gesicht. Ein Vorbild sei Lorelai nicht und sie strebe ihr auch nicht nach. Nur seien die Parallelen eben da und ließen sich nicht verleugnen. „Und es ist echt lustig sich selbst anstelle von Lorelai in die Sendung zu träumen.“
Es geht weiter. Endspurt am heutigen Abend, das letzte Segment läuft. Nun noch einmal volle Konzentration, damit man nicht die lustigste Szene des Abends verpasst. Die Liebe der Zuschauer zu ihren Serien ist unbeschreiblich. Auf einschlägigen Studentenportalen im Internet gibt es hunderte Gruppen die sich mit den Sendungen und ihren Protagonisten beschäftigen. Hunderte Gruppen – Tausende Begeisterte, und alle tauschen sich aus. Anhand dessen wird deutlich, wie sehr die Verbundenheit vieler reicht, und wie sie durch das Fernsehen beeinflusst sind.
An Gruppen wie „Seitdem ich Gilmore Girls schaue, trinke ich zuviel Kaffee“, „Gilmore Girls, und die Welt ist wieder in Ordnung“, Sind wir nicht alle ein bissel Lorelai“ oder Rory Gilmore sollte mein Vorbild sein“, sieht man, dass die vier Rostocker Studenten keine Einzelfälle sind, sondern nur Vertreter einer großen Masse. Sie alle überprüfen Bewältigungsmechanismen aus den Serien auf ihre Alltagstauglichkeit, basteln Bedeutungen und messen die Protagonisten an der eigenen Lebenswelt. Ist da noch Platz für die eigene Entfaltung?
Ende. Und doch wieder Werbung, bevor die Vorschau auf die nächste Folge kommt.
Die Freunde begeben sich in die Auswertung des soeben Gesehenen. Verarbeiten, und die eigenen Schlüsse aus der Sendung ziehen wird wohl jeder erst später allein für sich zuhause.
Katrinchen lacht über ihre Lieblingsszene der vergangenen Stunde. Schön war es! „Ich habe die „Gilmore Girls“ früher gehasst“, erzählt sie. „Aber früher oder später kommt da niemand drum herum. Die 22 – jährige Lehramtsstudentin schaltet den Ton leiser. „Ich finde aber eigentlich alle Familiensendungen toll, die auf dem Sender laufen. Jede hat ihren eigenen Charme.“ Nun zeigt Katrinchen auf ihre DVD – Sammlung. „Ich habe mir viele Staffeln auch für zuhause angeschafft, zumal ich sie so auch auf Englisch schauen kann. Das hat auch seinen Reiz!“ Was genau das Faszinierende ist, versucht sie zu erklären. „ich mag die witzigen Dialoge und den Humor, denn der ist meinem eigenen oft sehr ähnlich“, beginnt sie. „Außerdem stehe ich total auf die schrägen Nebencharaktere, die es in fast jeder amerikanischen Sendung gibt.“ Einen Lieblingscharakter habe sie auch, fügt sie an. Es wäre Rory aus den „Gilmore Girls“. „Sie ist zwar manchmal zickig, darauf stehe ich auch nicht so, aber sie ist mir ein Vorbild in ihrer Einstellung zum Lernen. Sie erreicht ihre Ziele durch Arbeit, und das finde ich toll und möchte auch so sein.“ Katrinchen gesteht, dass sie sogar mehr Bücher lese, so wie es Rory auch tut, und dass sie einige Bücher nur deshalb gelesen hätte, weil Rory dies in der Serie auch tat.
Der Zeiger der Uhr tickt noch immer. Nun hält er auf die Geisterstunde zu. Noch ein kurzes Aufräumen, dann gehen sie heim und schlafen in den frischen Tag hinein.
Alle vier sind in behüteten Familien aufgewachsen, alle haben eine große berufliche Zukunft vor sich. Sie sind intelligent, haben viele Freunde und müssen ihre Gesichter vor dem Spiegel nicht verstecken. Woher also kommt das Verlangen der Realität zu entfliehen und Ähnlichkeiten zwischen erfundenen Charakteren und sich zu suchen, bzw. herbeizuführen?
Auch die Wissenschaft hat darauf keine allgemeingültige Antwort. Vielleicht ist es ein Zeichen dieser Zeit, vielleicht die Reaktion auf eine Gesellschaft, in der selbst die Besten Angst vor dem Versagen haben. Vielleicht sind es aber auch Tagträume von Idealisten, ein Ventil, an welchem man sich seiner Anspannung entledigen kann, im Grunde aber ohne negative Züge, solange man sich nicht im Utopia verliert.
Szenenwechsel. Der nächste Tag hat längst begonnen, die ersten Lehrveranstaltungen wurden bereits erfolgreich besucht. Die Freunde treffen sich zu Kaffee und Tee in einem kleinen Cafe in der Innenstadt. Kurz wird der Tag ausgewertet, kurz wird der letzte Abend rekapituliert. „Oh Gott, wir sind wie „Friends,“ bemerkt Sarah, „die müssen auch immer ohne Gnade alles auswerten!“ Recht hat sie, doch ist ein ständiger Vergleich mit Irrealitäten sinnvoll? Die Frage ist doch, ob die vier Studenten sich wie die „Friends“ verhalten, oder ob jene Fernsehfiguren nicht Menschen wie ihnen nachempfunden sind, sprich die Protagonisten in ihren Handlungen, Charakteren und Empfindungen aus dem echten Leben gegriffen sind. Der normale Mensch als Medienstar – Vielleicht das große Geheimnis des Erfolgs der Vorabendserien. Sie lachen, sie weinen, lieben, hassen, freuen sich, haben Angst. Unbemerkt vereinen die vier Freunde alle großen Gefühle in sich, die auch ihre medialen Wahlverwandten präsentieren. Merken sie, dass es ihr eigenes Leben ist, welches diese großen Gefühle hervorruft, dass sie selbst Träger von unendlichen Geschichten des Lebens sind und die eigenen oftmals viel spannender sind, als die im Fernsehen präsentierten? Sicher merken sie es. Sie wissen es und mit Blick auf die große Zukunft, die sie planen, genießen sie es gar. Und doch lebt es sich für die Freunde einfacher mit dem Wissen, dass man die Möglichkeit hat nach Hause zu kommen, zur DVD zu greifen und für einige Minuten der realen Welt zu entschwinden. „Wir sind harmoniebedürftig“, meint Katrinchen, „uns erschüttert nur noch die Wirklichkeit!“
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